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Alles begann als Selbsthilfe in schwerer Zeit

2012 ist Internationales Jahr der Genossenschaften - seit 1884 ein Erfolgsmodell

Von Ruth Matthes
Herford (HK). Die Vereinten Nationen haben 2012 zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen. Dies haben die Genossenschaften im Kreis Herford zum Anlass genommen, über diese Unternehmensform und ihre Historie zu informieren.
Halten die Werte der Genossenschaften hoch: (von links) Andreas Kämmerling, Barbara Rodi, Wilhelm Brüggemeier, Petra Eggert-Höfel und Dr. Martin Sonnabend. Foto: Ruth Matthes
Die wohl bekanntestes Genossenschaft im Kreisgebiet ist die Volksbank. Sie ging aus den Spar- und Darlehenskassen hervor. »Die ersten dieser Kreditgenossenschaften wurden 1884 in Bünde, Eilshausen und Enger gegründet«, berichtete Andreas Kämmerling, Vorstand der Volksbank Bad Oeynhausen-Herford. »In einem Akt der Selbsthilfe wollten sich Landwirte, Handwerker und aufstrebende Gewerbetreibende in wirtschaftlich schwieriger Zeit so den Zugang zu dringend benötigtem Investitionskapital verschaffen.«
»Heute sind wir das einzige genossenschaftliche Kreditinstitut mit Sitz im Kreis Herford«, führte Kämmerling aus. In ihm hätten 20 zuvor selbständige Banken ihre Kräfte gebündelt. Ein Prinzip der Volksbank mit ihren 35 Filialen seien die Konzentration auf das Geschäft vor der Haustür. 51 000 der 105 000 Kunden sind Mitglieder und damit zugleich Eigentümer. »Als solche verfügen sie über Mitbestimmungsrechte, können selbst oder über gewählte Vertreter bestimmen, wer in den Aufsichtsrat gelangt und von diesem in den Vorstand berufen wird«, so Kämmerling. »Dieses Geschäftsmodell hat uns in den vergangenen finanzwirtschaftlich unruhigen Jahren einen deutlichen Zulauf an Kunden gebracht.«
Fast genau so lang wie die Erfolgsgeschichte der Volksbank ist die der landwirtschaftlichen Genossenschaften. Zu diesen schlossen sich Bauern zusammen, um gemeinsam günstig Waren einzukaufen, ihre Produkte möglichst gewinnbringend zu verkaufen und die unternehmerischen Risiken auf mehrere Schultern zu verteilen. In Herford wurde 1934 die Humana Milchunion geboren, die kürzlich mit der Nordmilch eG fusioniert hat. Anteilseigner und ehrenamtlicher Vorstand ist Wilhelm Brüggemeier »Wir haben 12 000 Mitglieder in Norddeutschland«, erklärte er. Deutschlandweit sei 70 Prozent der Milchwirtschaft genossenschaftlich.
Im Kreis und der Stadt Herford gibt es zudem eine Bau- und Siedlungs- und eine Wohngenossenschaft. Hier sind alle Mieter Mitglieder. Sie zeichnen Anteile, erhalten dafür eine Dividende und ein lebenslanges Wohnrecht. Derzeit wohnen 5000 Menschen in diesen Häusern oder Wohnungen.
Viele Bürger seien aber auch in weiteren Genossenschaften organisiert, ergänzte Rainer Stephan vom Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverband. Dazu zählen Zusammenschlüsse von Bäckern, Malern, Dachdeckern oder Optikern.
Der jüngste im Bunde ist die Friedensfördernde Energie-Genossenschaft Herford um Dr. Martin Sonnabend, in der sich bereits 100 Menschen zusammengeschlossen haben. »Wir schätzen die demokratische Form des Modells und wollen mit dessen Hilfe die Energiewende vorantreiben«, erklärte Vorstandsmitglied Barbara Rodi.

Artikel vom 23.06.2012